Ich möchte euch eine Geschichte erzählen...
Eine Geschichte aus Yuna´s Arbeitsalltag, die veranschaulicht was ein Therapiehund bewirken kann...
Es war der erste Schultag im neuen Schuljahr und ich betrat mit Yuna die Klasse 1/2 einer Schule für soziale und emotionale Förderung. Yuna kommt hinter mir die Türe rein und es wird lauter in der Klasse. Die meisten Kinder freuen sich, doch eines ist dabei mit einer großen Angst vor Hunden.
Sie hat einen albanischen Familienhintergrund, dortwerden Hunde nicht als Haustiere gehalten, sondern als Bedrohung gesehen, sie sind schmutzig, klauen Essen und werden im Islam als unrein bezeichnet. Das Kind schreit und wird panisch. Als ich ihr ruhig erkläre, dass Yuna durch die Leine gesichert ist und einen festen Platz bei mir, im hinteren Eck des Klassenzimmers hat, beruhigt sie sich ein wenig. In der ersten Stunde wirft sie immer mal wieder prüfende, kritische Blicke nach hinten, in der zweiten Stunde werden ihre Blicke nach hinten weicher und sicherer. Als sie sich in der ersten Pause zum rausgehen umziehen soll, kommt sie zu mir und fragt, ob sie den Hund hinten mal anfassen darf, ich lenke Yunas Aufmerksamkeit auf mich, mit einem Kommando berührt sie mit ihrer Schnauze meine Hand, und es findet ein erster vorsichtiger Kontakt statt.
Dieser Kontakt intensiviert sich in den nächsten Stunden immer mehr, bis das Kind Yuna stolz und gefühlt 10 cm größer in der zweiten Pause an der Leine über den Sportplatz führt. In den Tagen danach war Yuna der Mittelpunkt aller Gespräche und das Kind konnte durch ihre „Expertenrolle“ direkt einen guten Anschluss in der Klasse finden.
Mittlerweile wohnt das Kind in der Wohngruppe auf der ich arbeite, und die beiden erleben viele
Abenteuer zusammen, können jeden Tag Neues voneinander lernen, und genießen viele
gemeinsame Momente. Das gute Gefühl und der damit einhergehende Mut konnte nur dadurch
entstehen, dass das Kind gemerkt hat, dass Yuna zum einen vollkommene Ruhe ausstrahlt und zum anderen vollkommen unter meinem Kommando steht. Auch hat ihr die Leine und der feste Platz als Sicherheit sehr geholfen.
Abgesehen davon zeigt ein Hund bedingungslose Akzeptanz jedem Menschen gegenüber und nimmt den Menschen so an, wie er jetzt gerade ist. Stigmatisierungen oder Vorurteile wegen des familiären Hintergrundes oder der bisherigen Entwicklung beeinflussen nie das Verhalten des Hundes gegenüber dem Menschen.
Um von hinten angefasst zu werden, ohne wirklich zu wissen, von wem erfordert ein sehr hohes
Vertrauensverhältnis vom Hund zum Menschen. Auch dass das Kind ohne mein direktes Mitwirken
mit Yuna an der Leine gehen konnte, erfordert ein sehr hohes Vertrauen diesmal vom Menschen
zum Hund. Alleine aus dieser ersten Begegnung können einige Wirkungsweisen eines Hundes auf
den Menschen abgeleitet werden. Allen voran wurde der Hund hier ganz klar zur Motivation, den
eigenen Erlebnisraum zu erweitern.
Allein die ruhige, kontrollierte Anwesenheit des Hundes war hier genug Motivation, innerhalb
kürzester Zeit ins aktive Handeln zu kommen. Die Selbstwirksamkeit des Kindes wurde durch diese
Handlung immens gestärkt. Auch das Selbstwertgefühl bekam einen Aufschwung. Zusätzlich gab
der Hund Impulse zum Dialogaufbau, zum einen zwischen mir selbst und dem Kind, aber auch
zwischen ihr und den anderen Schülern der Klasse. Hierdurch fiel die Integration in die Klasse dem
Kind deutlich leichter. Dies wiederum steigert das Selbstwertgefühl und das Miteinander und
verhindert so soziale Isolation.